Natürlich gibt es Menschen die eine Naturbegabung haben, andere Menschen zu verstehen, ich habe kürzlich einen solchen Menschen kennen gelernt, ich komme darauf zurück.
Was aber heißt eigentlich „Menschen verstehen“?
Oft meint man einen Menschen zu verstehen, sei sein Denken und Handeln und seine menschliche Präsenz nach einem bestimmten gesellschaftlich akzeptierten oder auch eigenen Gradmesser zu bestimmen, abzugleichen und zu bewerten. Verstehen heißt in diesem Falle also schlussendlich eine Wertung abgeben, die ganz unterschiedlich ausfallen kann.
Eine solche Entscheidung richtet sich nach ethischen Bewertungsregeln.
Oft meint aber „Menschen verstehen“ auch „Verständnis haben“, d.h. das Denken und Handeln des anderen vor dem eigenen Hintergrund, der eigenen Biographie und deren Wertesystem als einsehbar und akzeptabel zu bemessen und das eigene Verhalten dementsprechend gegenüber dem Anderen, aber auch gegenüber der Gesellschaft einzustellen. Im zustimmenden Falle würde man mit dem anderen „mitgehen“, im negativen Fall würde man ihn verteidigen.
Eine solche Entscheidung ist in jedem Falle eine moralische.
Neben diesen beiden mehr normativen Möglichkeiten einen Menschen zu verstehen, gibt es ein Verstehen auf emotionalen Ebenen.
Empathie bezeichnet die“ Fähigkeit eines Menschen, sich in Andere hineinzuversetzen und sich über ihr Handeln, Verstehen und Fühlen klar zu werden. Wesentlich dabei ist, dass der eigene Affektzustand dem Gefühlszustand einer anderen Person entspricht. Dies wird dadurch ausgelöst, dass man die Perspektive der anderen Person einnimmt und ihre Gefühle versteht.“ (Lexikon.de). Hier kommt also deutlich die emotionale Ebene mit ins Spiel. Derjenige, der den anderen verstehen will, muss bereit sein, sich in den anderen „hineinzuversetzen“ , dies geschieht nicht auf der intellektuellen Ebene wie oben beschrieben, sondern im Bereich der Gefühlswelt.
Empathie ist, – mit dem verschwinden der Transzendenz,- in der Kultur der westlichen Industriewelt fast völlig aus dem zwischenmenschlichen Bereich verschwunden, der Utilitarismus hat sie verdrängt. Dieser Verlust der Empathie ist es auch, der die emotionale Bindung der Bürger an ihre politische Gesellschaftsordnung untergraben hat und zur Sinnkrise der westlichen Welt und ihrer Menschen führt. Als Münze für eine demokratische Grundordnung mag der Utilitarismus ausreichend sein, aber für eine Grundlage menschlichen Verstehens reicht er eben nicht aus. Nicht der Ruf nach Rückkehr zu transzendenten Versprechungen, nach einem Wiedereinsetzen sinnentleerter religiöser Inhalte an die leer gewordenen Stellen ist erforderlich, sondern eine empathische Schulung der Bürger zur mit – und zwischenmenschlichen Verantwortung, zu einem Reichtum der Bescheidenheit.
Der „Citoyen“ der französischen Revolution, eine überwältigende Errungenschaft, hat ausgedient, wir benötigen den „eigenverantwortlichen Mitgesellschafter“, der seine Mitmenschen „versteht“.
Dem Empathieverlust in unserer Gesellschaft gegenüber steht die unheimliche Kraft des islamischen Fundamentalismus, welche uralte Ängste und Emotionen besetzt. Sie richtet sich nicht an den Verstand der Menschen, an seine Fähigkeit Kultur aufzubauen, an die Fähigkeit ganz langsam sein Leid zu reduzieren, sie achtet nicht die Menschenrechte, sie beschwört eine Welt der Männergewalt mit Rettung im Himmel, – nach wie vor ein Schauermärchen, das aber vielen Menschen in Not wie ein Versprechen vorkommt. Sie sind bereit alles für die Lüge dieses Versprechen,- sogar ihr Leben, – zu geben. Männergewalt, Not und Ressourcenmangel und deren nach wie vor ungerechte Verteilung unter den Besitzmächtigen sind es, die den Fundamentalismus weltweit stark machen. Fundmentalisten sind besitzarm, aber es sind die Gewaltmächtigen.
Ich werbe täglich und in meiner ärztlichen Tätigkeit für einen empathischen Umgang unter den Menschen. Die auch in unserer demokratischen Welt noch immer vorhandene tägliche Männergewalt, Gewalt gegen sich selbst und gegen andere, eine Gewalt, die subtil und hierarchisch strukturiert ist, ist eine Hauptursache für den Empathieverlust und für typische „Zivilationskrankheiten“.
Um Empathie auch im ärztlichen Beratungsgespräch zu erklären, benutze ich gerne ein anschauliches Bild. Früher gab es in Lexika und anderen Anschauungsbüchern Bilder, die nebeneinander abgebildet waren, aber deren Perspektive etwas verschieden war. Wenn man mit jedem der beiden Augen jeweils ein Bild angesehen hat, – also die “ Akkomodation “ unterdrückt, – so erschien aus zwei Bildern plötzlich ein dreidimensionales, räumliches Bild. Ebenso kann man sich, – um Menschen zu verstehen, – auf einen anderen Menschen einlassen. Beide Biographien verschmelzen sozusagen für kurze Zeit zu einer. Dies verlangt eine unerhörte Ehrlichkeit mit sich selbst und dem anderen gegenüber, sonst entsteht ein Trugbild, mit dem man ja meist im Alltag arbeitet. Für kurze Zeit kann man sich im anderen „sehen“, ihn in sich aufnehmen und sich selbst ihm hingeben. In diesem Einswerden entstehen oft tiefe und unvergessliche „Einsichten“, Empathie in seiner reinsten Form. Dies zu tun ist anstrengend.
Ich kann nur jedem Menschen raten, sich diesem Erlebnis vorurteilsfrei zu öffnen und es zu üben. Es sind die menschlichen Erlebnisse, von denen wir am Ende zehren, wenn wir Bilanz machen. Vergessen wir aber nicht die menschenunabhängigen Emotionen aus Kunst und Natur, die mir zu einem wertvollen Fluchtort geworden sind ,- den Rest der heute so wichtig gewordenen „Werte“ können sie getrost vergessen, sie zählen nur in einem Leben, welches seinen Wert aus einer Sammlung von Alltäglichem erhält.
Am schlimmsten ist, wenn gelegentlich falsche Voraussetzungen oder gar Absichten zu fast unheilbaren Enttäuschungen führen: also Vorsicht, bevor Sie sich auf einen Menschen wirklich einlassen.
Ich kenne einige Menschen, mit denen ich solche Erlebnisse haben durfte; auf ganz persönlicher Ebene lebt man mit einem solchen Menschen in „Resonanz“, einer Übereinstimmung, mit der man schwingende Systeme bezeichnet. Liebe ist wahrscheinlich der reinste Zustand der Resonanz zwischen zwei Menschen.
Mein Pessimismus bezüglich der westlichen Lebenswelt und ihrem zwischenmenschlichen Umgang wird immer wieder durchbrochen durch hoffnungsvolle Erlebnisse meist mit jungen Menschen. Sie sind immer wieder die Hoffnung jeder neuen Generation. Auf einer kürzlichen Reise nach Südamerika lernten meine Frau und ich einen jungen Menschen kennen, der auf ganz ungewöhnliche Weise Empathie gleichsam als Naturbegabung ausstrahlt und lebt. Selten ist uns ein so wertvoll -wirkender Mensch begegnet. In der Zwischenzeit sind uns noch einige solche Menschen begegnet und andere haben uns wieder enttäuscht,- und man kann sich fast gar nicht davor schützen.

Kürzlich kas ich eine sehr interssante Untersuchung aus Tschechien, wonach man an den Augen ds Weden eines Mernschen erkennen können soll?

http://www.welt.de/wissenschaft/article112649995/Vertrauen-in-Menschen-mit-braunen-Augen-ist-groesser.html

Vielleic ht sollta man das einmal selbst ausprobieren;

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